WIRED am iPad - ein zweiter Bericht

Wie nicht anders zu erwarten haben wir den Rest des Tages schon aus rein beruflichem Interesse damit verbracht, das WIRED am iPad in jedem uns zugänglichen Detail zu analysieren. Dabei haben wir interessante und teilweise spannende Konzeptionsansätze entdeckt. Nicht, dass wir alles gut und richtig finden aber jedenfalls hat WIRED als erstes Printmagazin versucht, die Möglichkeiten des iPads bzw. eines TabletPCs auszureizen und versucht, das eMagazin zwischen Printmagazin und Homepage zu positionieren.

 

Konzept und Layout des eWIRED sind (wie auch im Printmagazin) ganz offensichtlich darauf ausgelegt, das Interesse und Neugier des Lesers über das gesamte Heft hin durch konzeptionelle "Fallen", Stil- und Lesebrüche wach zu erhalten. Wie ihr aus der nachfolgenden Grafik ersehen könnt hat WIRED die Seiten zB nicht einfach linear hintereinander gelegt, sondern teilweise Seiten "untereinander" gelegt. Damit wird die ansonsten einfache, dem gedruckten Papier nachempfundene einfache Lesbarkeit durch Umblättern erschwert. Beim iPad ist das Umblättern ein Fingerstrich nach links oder rechts. Dieser Lesefluss wird durch das "Untereinanderlegen" der Seiten unterbrochen und gestört. Der Leser muss auf jeder Seite entdecken, ob es nach rechts oder nach unten weitergeht. Grafische Leitlinien unterstützen diesen unrhythmischen Lesefluss, der die Lesedramatik bis zuletzt aufrecht erhält.

 

Interessant ist auch das "Untereinanderlegen" von Artikeln innerhalb einer Seite und damit der Einbau einer Dreidimensionalität. Wie in nachfolgender Grafik „Sonic Booms“ ersichtlich werden auf der Seite insgesamt 4 technische Geräte abgebildet. Rechts neben der Grafik werden die abgebildeten Artikel beschrieben. Durch das Anklicken der Punkte 1 bis 4 erscheint rechts neben den Bildern jeweils die Beschreibung des Gerätes. Damit wird auf einer Seite wesentlich mehr Inhalt und dieser auch noch zielgenauer untergebracht. Die Dreidimensionalität wirkt sich auch positiv auf die Lesedramatik aus, weil der Leser so zur Interaktion gezwungen wird.

 

Die Dreidimensionalität eines Artikels ermöglicht auch eine zielgenauere Bewerbung. So kann die Werbung für einen Artikel genau neben der Beschreibung des jeweiligen Artikel stehen und wird eben nur angezeigt, wenn der Leser diesen Artikel auch anklickt. Damit gewinnt die Bezahlform „Pay-per-View“ wieder neue Bedeutung. Die Dreidimensionalität wird auf einzelnen Seiten auch durch den Einbau von interaktiven Video- und Grafikelementen erzeugt.

Insgesamt scheint WIRED wirklich ein durchdachtes Magazinkonzept gelungen zu sein, dass den selbst formulierten Ansprächen des eWIRED als Hybrid zwischen Printmagazin und Homepage gerecht wurde. Dabei hat WIRED jedenfalls neue Maßstäbe in einem noch jungen eMagazin-Markt gesetzt an dem man sich jetzt messen muss. Interessant wird auch sein, inwieweit der von Adobe entwickelte Reader die Erstellung derartiger Magazine unterstützt.

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Bingo: Adobe startet Digital Publishing Platform für iPad

Wie nicht anders zu erwarten und bereits mehrfach berichtet hat Apples iPad eine unglaubliche Dynamik in die Medien- und Verlagsindustrie gebracht. Jetzt hat auch Adobe Systems, der Platzhirsch im Bereich Publishing Software und Publishing Services angekündigt (hier ist die Pressemeldung vom 1. Juni), in Bälde mit einer eigenen Digital Publishing Platform für Verleger zu starten. Die Plattform wurde gemeinsam mit dem WIRED Magazin von Condé Nast entwickelt – also mit DEM Magazin für digitale Lebenskultur schlecht hin.

Die Plattform soll im Sommer 2010 zunächst für den iPad geöffnet werden und danach auch für andere Plattformen. Eine ausführliche Beschreibung der angebotenen Dienstleistungen findet man auf der Adobe Seite. Der Softwareanbieter Adobe war bereits im Printbereich mit Produkten wie Adobe Photoshop, Adobe Creative Suite, InDesign oder der Plattform www.acrobat.com eine bestimmende Größe im Verlags- und Mediengeschäft. Mit der Digital Publishing Platform erwächst nun eine ernsthafte Alternative zu Amazon’s Digital Text Platform für den Kindle im Bereich der ePaper-Dienstleistungen für Verlage. Vor allem vor dem Hintergrund der dadurch ermöglichten „seamless“ Integration von Druck- und ePaper-PreProduction. Bisher war die Befüllung des Apple iBookstore’s über itunes connect erstens nur den US-Verlegern und Autoren vorbehalten und zweitens wurde man freundlich gebeten, sich an externe Dienstleister zu wenden, wo so gut wie kein elektronisches Publishing-Service a la Amazon geboten wurde. Das ändert sich jetzt grundlegend.

Es wird sehr interessant sein, wie Amazon auf diese durchaus bedrohliche Herausforderung von Apple und Adobe reagiert. Verschärft wird diese strategische Bedrohung auch dadurch, dass Amazon die Einführung des „färbigen“ Kindle in weite Ferne gerückt hat. Und dass Google mit Google Edition im Juni 2010 mit rund 4,5 Millionen eBooks starten will (wir haben berichtet), macht das Leben von Amazon und Jeff Bezos wohl auch nicht leichter. Wir werden uns einmal umhören, was die Analysten in den nächsten Tagen darüber berichten und euch am Laufenden halten. Vor allem freuen wir uns als Verlag über diese Entwicklung. Das kann uns nur gut tun: Konkurrenz belebt.

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